Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat am heutigen Dienstag einen Referentenentwurf für eine umfangreiche Reform des Vormundschafts- und des Betreuungsrechts veröffentlicht. Der Entwurf steht auf der Website des BMJV zum Download bereit. Dem Entwurf vorausgegangen sind ein längerer Prozess zur Diskussion des Vormundschaftsrechts für Minderjährige, in dessen Rahmen bereits im September 2018 ein Diskussionsentwurf veröffentlicht worden war, und ein Diskussionsprozess zur Reform des Betreuungsrechts. In Bezug auf das Betreuungsrecht reagiert der Entwurf unter anderem auf die Kritik, die mit Bezug auf die Vorschriften der UN-Behindertenrechtskonvention geäußert wurde, und auf die die Ergebnisse der Studien zur "Qualität in der rechtlichen Betreuung" und zur "Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis im Hinblick auf vorgelagerte 'andere Hilfen'", die im Auftrag des BMJV durchgeführt worden waren.

Aus Sicht des Rechts der Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung  sind einige der vorgesehenen Regelungen besonders interessant:

Der Entwurf enthält eine Ergänzung der im Sozialrecht übergreifend und vorrangig (§ 37 Satz 2 SGB I) geltenden Vorschrift über den Sicherstellungsauftrag der Sozialleistungsträger (§ 17 SGB I), die klarstellen soll, dass Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch im Verhältnis zur rechtlichen Betreuung vorrangig sind. § 17 Abs. 4 SGB I in der Fassung des RefE lautet:

"Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte."

Eine Änderung der vor dem Hintergrund von Art. 12 UN-BRK in die Kritik geratenen Verfahrensunfähigkeitsfiktion aus § 11 Abs. 3 SGB X iVm § 53 ZPO, nach der dem Betreuten Verfahrensfähigkeit aberkannt wird, wenn der Betreuer seine Vertretung im Verfahren anzeigt, ist nicht vorgesehen.

Das Betreuungsbehördengesetz soll durch ein Betreuungsorganisationsgesetz ersetzt werden, das in § 8 BtOG-RefE vorsieht, dass die Betreuungsbehörden Betroffene weit mehr als bislang (vgl. § 4 Abs. 2 S. 2 und 3 BtBG) dabei unterstützen, ihre sozialen Rechte in Anspruch zu nehmen. Bemerkenswert ist, dass die Betreuungsbehörden die Möglichkeit erhalten sollen, diese Unterstützung an Betreuungsvereine oder an Berufsbetreuer zu delegieren (§ 8 Abs. 4 BtOG-RefE). Dazu sollen Verträge über die Aufgabendelegation und die Vergütung geschlossen werden. Damit erfährt die umfangreiche Kompetenz, die professionell tätige Betreuerinnen und Betreuer seit 1992 entwickelt haben, eine neue und durchaus angemessene Anerkennung.

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