Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Am 5.3. hat der Bundestag das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts verabschiedet. Grundlage ist der Regierungsentwurf für dieses Gesetz (Bundestagsdrucksache 19/24445). Dieser Entwurf wurde modifiziert durch die Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Recht und Verbraucherschutz (Bundestagsdrucksache 19/192787), der der Bundestag entsprochen hat. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Der Bundesrat soll sich noch im März damit befassen. Es soll zum 1.1.2023 in Kraft treten.

Das deutsche Vormundschaftsrecht ist mehr als hundert Jahre alt. Die Vormundschaft für Erwachsene wurde mit dem Betreuungsgesetz zum 1.1.1992 abgeschafft. Doch das Vormundschaftsrecht für Minderjährigen wurde bislang nicht grundlegend reformiert und ist in vieler Hinsicht nicht mehr zeitgemäß. Das Recht der gesetzlichen Betreuung für Volljährige ist dagegen seit seinem Inkrafttreten recht dynamisch. Nach dem ersten Betreuungsrechtsänderungsgesetz, das zum 1.1.1999, und dem zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetz, das zum 1.7.2005 in Kraft trat, ist dies bereits die dritte größere Reform dieses Rechtsgebiets.

Auf eine Neuerung, die das Sozialrecht unmittelbar betrifft, möchte ich besonders hinweisen:

  • § 17 SGB I wird um einen Absatz 4 ergänzt, der lautet:

„(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.“

Damit wird klargestellt, dass die rechtliche Betreuung im Verhältnis zu Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch immer nachrangig ist. So ist z.B. die vom Landschaftsverband Rheinland bekannte Praxis, dass in Fällen von Ambulant Betreutem Wohnen die Zahl der bewilligten Stunden regelmäßig gekürzt wird, wenn eine Betreuung eingerichtet wird, bereits nach heute geltendem Recht rechtswidrig. Der Gesetzgeber tritt mit dieser Klarstellung der Neigung vieler Sozialleistungsträger, die rechtliche Betreuung gegen geltendes Recht als vorrangige Hilfe zu behandeln, mit deutlichen Worten entgegen. Wegen § 37 Satz 2 SGB I gilt § 17 SGB I stets vorrangig. Die Vorschriften in den übrigen Teilen des Sozialgesetzbuches können daher keine abweichenden Bestimmungen treffen. (Zum Verhältnis rechtliche Betreuung und Sozialleistungen siehe auch: Folgen aus der UN-Behindertenrechtskonvention für die Eingliederungshilfe nach dem SGB XII).

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