LSG NRW bestätigt im Eilverfahren Auschreibungsverbot für Leistungen der Eingliederungshilfe

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hat der Stadt Düsseldorf durch einstweilige Anordnung untersagt, im Vergabeverfahren einen Zuschlag für Leistungen der Eingliederungshilfe (hier: Schulassistenz nach § 112 SGB IX) zu erteilen (LSG NRW, Beschluss vom 26.1.2022, L 9 SO 12/22 B ER). Zunächst erläutert das LSG überzeugend die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für das Verfahren. Der Antragsteller wendet sich gegen das Vergabeverfahren insgesamt, das er für unzulässig hält. Er leitet seinen Anspruch aus dem Sozialgesetzbuch ab. Rechte und Ansprüche anderer Auftragnehmer gegen den Auftraggeber, die auf Vornahme oder das Unterlassung von Handlungen in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können nur vor den Vergabekammern bzw. dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden, § 156 Abs. 2 GWB. Doch das gilt nicht für den Anspruch aus dem SGB IX, das Vergabeverfahren insgesamt zu unterlassen bzw. keinen Zuschlag zu erteilen.

Das LSG führt aus, Sinn und Zweck des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe (§§ 123 bis 134 SGB IX) sei die Gewährleistung von Trägervielfalt, die im Interesse der Qualität der Leistungen liege und die erforderlich sei, um die Ausübung des Wunsch- und Wahlrecht zu ermöglichen. Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens sei dagegen die Beschränkung der der Leistungserbringung auf wenige oder einzelne im Wege der Vergabe ausgewählte Auftragnehmer. Das LSG führt aus, dass die vergaberechtliche Ausschreibung von Leistungen der Eingliederungshilfe durch den Träger der Eingliederungshilfe grundsätzlich nicht zulässig sei (so auch Fuchs/Ritz/Rosenow, Kommentar zum SGB IX, § 123 Rn. 23 ff.). Die Ausschreibung verletze nicht nur Vorschriften des SGB IX, sondern auch die durch Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers. Das ebenfalls durch das Grundgesetz garantierte Recht der kommunalen Selbstverwaltung sei dagegen durch das „Ausschreibungsverbot”, so das LSG NRW ganz ausdrücklich, nicht verletzt.

Die Entscheidung bestätigt, dass die Träger der Eingliederungshilfe Leistungen der Eingliederungshilfe nicht ausschreiben dürfen. Das ist schon deshalb schlüssig, weil sie gar nicht Auftraggeber dieser Leistungen sind. Leistungen der Eingliederungshilfe werden vielmehr in einem zivilrechtlichen Verhältnis zwischen Leistungserbringer und leistungsberechtigter Person erbracht. Vor allem aber steht das Vertragsrecht der §§ 123 bis 134 SGB IX einer Ausschreibung entgegen. Zugleich zeigt der Beschluss des LSG NRW, dass Leistungserbringer rechtswidrigen Ausschreibungen durch die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes effektiv entgegentreten können. Bislang wurden solche Rechtsstreitigkeiten überwiegend aus der Kinder- und Jugendhilfe bekannt.

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