Anspruch auf persönliches Budget für Schulbegleitung nach § 35a SGB VIII

Das OVG Bremen hat ein persönliches Budget (§ 29 SGB IX) für Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII durch einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zugesprochen (Beschluss vom 25.5.2020, 2 B 66/20). Die Frage, ob auch im Rahmen der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII ein Anspruch auf ein persönliches Budget besteht, ist bis heute umstritten.

Zuletzt hat das OVG Nordrhein-Westfalen entschieden (Beschluss vom 10.12.2018, 12 A 3136/17), dass ein solcher Anspruch nicht bestehe, allerdings mit einer in keiner Weise überzeugenden Begründung (dazu Rosenow, Die Erfindung der teleologischen Extinktion. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen zum persönlichen Budget in der Kinder- und Jugendhilfe; erscheint demnächst unter www.reha-recht.de). Mit erfrischender Klarheit unterstreicht das OVG Bremen den Rechtsanspruch auf ein persönliches Budget gegen das Jugendamt als Rehabilitationsträger. Die Ausführungen zur Auslegung von § 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 29 SGB IX überzeugen uneingeschränkt. Das OVG Bremen erkennt, dass das Jugendamt als Rehabilitationsträger fungiert, wenn es um Leistungen nach § 35a SGB VIII geht, und berücksichtigt, dass das SGB IX für Teilhabeleistungen aller Rehabilitationsträger zu beachten ist. Es korrigiert die Auffassung des erstinstanzlichen VG Bremen, nach der dem Jugendamt ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum in Bezug auf die Frage, ob ein persönliches Budget zu bewilligen ist, zukomme.

Das OVG Bremen leuchtet knapp und präzise die durch die Verfassung garantierte Rolle der Eltern bei der Inanspruchnahme eines persönlichen Budgets aus und stellt in Abgrenzung von der o.g. genannten Entscheidung des OVG NRW klar, dass Minderjährigkeit dem Anspruch auf ein persönliches Budget nicht entgegensteht.

Nicht überzeugen kann lediglich die Auffassung des OVG Bremen, die Zielvereinbarung sei eine tatbestandliche Voraussetzung für den Anspruch auf ein persönliches Budget. Vielmehr ist sie als paktierte Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt, mit dem über das persönliche Budget entschieden wird, zu verstehen (Welti, in: Stichwortkommentar Behindertenrecht, 2. Aufl., Stichwort: "Persönliches Budget", Rn 23; so auch SG Mannheim, 2.8.2016, S 9 SO 3871/15). Eine Besprechung des Beschlusses des OVG Bremen erscheint demnächst unter www.reha-recht.de.

Siehe auch SG Braunschweig, 13.11.2013, S 31 KR 467/13 ER (Verpflichtung der Krankenkasse zu einem Vorschuss auf ein persönliches Budget im einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG)

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