Angehörigenentlastungsgesetz verabschiedet

Das Angehörigenentlastungsgesetz wurde am 7.11.2019 vom Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat hat am 29.11.2019 zugestimmt. Damit tritt das Gesetz zum 1.1.2020 in Kraft. Das Angehörigenentlastungsgesetz ändert nur wenig am Gesetzestext des SGB XII und ist dennoch ein besonderer Meilenstein in der Entwicklung des Sozialhilferechts. Eltern und Kinder von Personen, die Leistungen der Sozialhilfe erhalten, werden künftig nur noch dann zum Unterhalt herangezogen, wenn ihr Einkommen 100.000 € pro Jahr übersteigt.

Die Heranziehung unterhaltspflichtiger Angehöriger wird oft mit der sozialhilferechtlichen Einstandspflicht verwechselt. An dieser ändert sich jedoch nichts. Einstandspflichtig sind Eltern für ihre minderjährigen Kinder (einseitig) und nicht getrennt lebende Ehepartner, Partner in eheähnlichen Gemeinschaften sowie gleichgeschlechtliche Partner in eingetragener Lebenspartnerschaft oder einer ähnlichen Gemeinschaft füreinander (wechselseitig). Die sozialhilferechtliche Einstandspflicht geht deutlich weiter als die bürgerlichrechtliche Unterhaltspflicht und bleibt unverändert bestehen.

Die Heranziehung im Rahmen der Unterhaltspflicht spielt zum Beispiel dann eine Rolle, wenn die Eltern erwachsener Kinder in einem Pflegeheim leben und die Heimkosten aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht selbst aufbringen können. Bislang wurden die Kinder dann nach bürgerlichrechtlichem Unterhaltsrecht zum Unterhalt herangezogen. Der Unterhaltsanspruch ging auf das Sozialamt über, sodass das Sozialamt den Unterhalt direkt von den unterhaltspflichtigen Kindern fordern konnte. Das gilt künftig nur noch dann, wenn die Unterhaltspflichtigen über ein Einkommen von mehr als 100.000 € pro Jahr verfügen. Auch eine Auskunftspflicht besteht nur noch dann, wenn dem Sozialamt Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Einkommen 100.000 € übersteigt. Zunächst wird von Gesetzes wegen vermutet, dass das Einkommen der Unterhaltspflichtigen unter 100.000 € liegt.
Die neuen Regelungen gelten für alle Leistungen der Sozialhilfe, also auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt, für die ambulante Hilfe zur Pflege und für andere Hilfen in besonderen Lebenslagen wie die Altenhilfe und die Hilfe zur Fortführung des Haushalts.

Außerdem wird mit dem Angehörigenentlastungsgesetz ein Budget für Ausbildung eingeführt. Ein Budget für Ausbildung können Menschen mit einer Behinderung bekommen, die berechtigt sind, das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu durchlaufen.
Das Angehörigenentlastungsgesetz enthält die Entfristung der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB). Ab 2023 stellt der Bund 65 Millionen € jährlich für die EUTB zur Verfügung.

Auch das Problem der „Rentenlücke“, von dem Personen betroffen sind, die heute in stationären Einrichtungen leben und für die ab 01.01.2020 Trennung der Leistungen gilt, wird durch das Angehörigenentlastungsgesetz behoben. Das Gesetz fügt einen neuen § 140 SGB XII ein. Werden bei Personen, die am 31.12.2019 Leistungen der Eingliederungshilfe nach altem Recht und ab 01.01.2020 nach neuem Recht beziehen, im Januar 2020 laufende Einnahmen einmalig nicht angerechnet.

Schließlich umfasst das Gesetz Änderungen, die die Eingliederungshilfe nach dem Bundesteilhabegesetz für junge Menschen betreffen. § 27c SGB XII wird vollständig neu gefasst und regelt künftig, dass die Leistungen der Eingliederungshilfe in Einrichtung über Tag und Nacht für Minderjährige und in bestimmten Fällen auch junge Volljährige auch die Lebenshaltungskosten umfassen. Dies war bislang zwar vorgesehen, im Gesetz aber nicht ausdrücklich geregelt. § 134 SGB IX, die Rechtsgrundlage für besondere Leistungsvereinbarungen der Eingliederungshilfe für Minderjährige und in bestimmten Fällen junge Volljährige, wird erweitert. Die Vorschrift gilt nunmehr unter sehr engen Voraussetzungen auch für junge Volljährige.

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