Rechtsanspruch auf Leistungsvereinbarung für Zuverdienstprojekte

Das Sozialgericht Freiburg hat mit Urteil vom 21.01.2016 (S 12 SO 1791/14) entschieden, dass Zuverdienstprojekte eine Leistung der Eingliederungshilfe sind. Der Sozialhilfeträger ist ggf. von Gesetzes wegen verpflichtet, im Rahmen seiner Gewährleistungsverantwortung mit einem geeigneten Maßnahmeträger eine Leistungsvereinbarung für ein Zuverdienstprojekt gem. § 76 Abs, 1 SGB XII zu schließen. Im konkreten Fall wurde der Sozialhilfetträger dem Grunde nach verurteilt, eine Leistungsvereinbarung zu schließen. Der darüber hinaus gehende Antrag auf Unterzeichnung einer konkreten Leistungsvereinbarung wurde zurückgewiesen. Die schriftliche Begründung des Urteil wird für Ende März erwartet. Der Kläger wurde durch die Rechtsanwälte Dobmann in Berlin vertreten.

Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Zum Ersten wurde (soweit bekannt) erstmals ein Sozialhilfeträger verurteilt, eine Vereinbarung für eine Leistung der Eingliederungshilfe zu schließen, die im Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII nicht vorgesehen ist. Der Rahmenvertrag für Baden-Württemberg sieht keine tagesstrukturierenden Leistungen für Menschen mit einer seelischen Behinderung vor, die nicht in eine einer stationären Einrichtung leben. Zuverdienstprojekte sind eine solche Leistung.

Zum Zweiten hat die Entscheidung für die Zuverdienstprojekte bundesweite Bedeutung. Zuverdienstprojekte für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung sind in der Fachwelt schon lange als ein wichtiger Baustein der gemeindepsychiatrischen Versorgung anerkannt (vgl. http://mehrzuverdienst.de). Dieser Auffassung hat sich auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge angeschlossen. In seiner Stellungnahme zum Thema empfiehlt er ausdrücklich, für Zuverdienstprojekte Leistungsvereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII zu schließen, um so den Weg zur regulären Finanzierung über die sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe freizumachen (vgl. § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Die Sozialhilfeträger stellen sich jedoch überwiegend auf den Standpunkt, Zuverdienstprojekte seien keine Leistungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe zu finanzieren seien. In der Praxis werden Zuverdienstprojekte durch freiwillige Zuwendungen und durch Spenden finanziert. Diese Finanzierung ist überwiegend unzureichend und nicht verlässlich. Zuverdienstprojekte stehen daher nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung und können die Qualitätsstandards der Eingliederungshilfe oft nicht halten.

Das aktuelle Urteil bestätigt die Möglichkeit, den Rechtsanspruch auf Abschluss einer Leistungsvereinbarung notfalls auf dem Klageweg geltend zu machen. Diese Möglichkeit steht Anbietern existierender Zuverdienstprojekte ebenso offen wie Leistungserbringern, die ein solches Angebot erst etablieren wollen.

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