Bundesrat stimmt der Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zu

Am 18.7.2012 hat das Bundesverfassungsgericht das AsylbLG in wesentlichen Teilen als verfassungswidrig verworfen und eine Übergangsregelung angeordnet [BVerfG, 2.12.2012, 1 BvL 1/10]. Die Entscheidung ist unter anderem deshalb besonders bedeutsam, weil das BVerfG die Geltung völkerrechtlicher Verträge, die Menschenrechte konstituieren, ausdrücklich hervorgehoben hat. Das Gericht führt in dem Beschluss aus (Rn. 93):

Im Übrigen ist der Gesetzgeber durch weitere Vorgaben verpflichtet, die sich aus dem Recht der Europäischen Union und aus völkerrechtlichen Verpflichtungen ergeben. Dazu gehört die Richtlinie 2003/9/EG des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten [..] Zu den Regeln über das Existenzminimum, die in Deutschland gelten, gehört auch der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 [..]. Der Pakt statuiert in Art. 9 ein Recht auf Soziale Sicherheit und in Art. 15 Abs. 1 Buchstabe a das Menschenrecht auf Teilnahme am kulturellen Leben.

Zweieinhalb Jahre nach diesem Beschluss hat nun der Bundesrat dem Gesetzesentwurf aus Berlin zugestimmt. Die Reform wird damit wohl in der ersten Jahreshälfte 2015 in Kraft treten. In Anbetracht dessen, dass das BVerfG entschieden hat, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, unverzüglich für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen, ist das eine lange Zeit. 

Durch die Reform wird nun ein Bezifferungssystem der Leistungshöhe eingeführt, das sich am System der wirtschaftlichen Grundsicherung orientiert. Die Leistungen sind allerdings geringer: Eine alleinstehende Person soll künftig insgesamt 352 € erhalten. Die Bezugsdauer dieser gekürzten Leistungen soll von 48 Monaten auf 15 Monate verkürzt werden. Bestimmte Gruppen von Ausländern werden ganz aus dem AsylbLG herausgenommen und haben damit künftig ggf. Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII. Das gilt für die Inhaber eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG und für die Inhaber von Aufenthaltsberichtigungen nach § 25 Absätze 4a und 4b AufenthG.

Neben weiteren Änderungen wird nun die Regelung des § 25 SGB XII – Kostenersatzanspruch des Nothelfers – in das AsylbLG übernommen. Insgesamt wird das AsylbLG damit der Sozialhilfe deutlich ähnlicher als bislang. Zur inhaltlichen Bewertung verweisen wir auf die differenzierte Stellungnahme, die ProAsyl im Gesetzgebungsverfahren abgegeben hat. Einige Anmerkungen von ProAsyl wurden im Verfahren umgesetzt. Im Wesentlichen ist die Stellungnahme aber weiterhin aktuell. Das gilt vor allem für die Empfehlung, das AsylbLG, das unter einer schwarz-gelben Bundesregierung zum 1.11.1993 in Kraft trat, ganz abzuschaffen und Flüchtlinge wieder vollständig in das System der Grundsicherungsleistungen zu integrieren. [aktueller Gesetzesentwurf] [Infos zum Gesetzgebungsverfahren] [Stellungnahme ProAsyl]

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